Archäologisch-Ethnographische Forschung in Westgrönland 

Im Inland Westgrönlands gibt es eine lange Tradition der sommerlichen Rentierjagd. In dieser Landschaft südlich des Søndre Strømfjord, Angujârtorfiup Nunâ, sind viele archäologische Strukturen so gut erhalten, dass diese über viele Jahrhunderte, teilweise sogar Jahrtausende, erkennbar sind. Seit einigen Jahrzehnten wird das Inland nicht mehr wie in der Vergangenheit genutzt. Heute wird nur noch die Gegenden in der Nähe der Küste des Søndre Strømfjord besuchen, während die Gegend, die weiter als bis zur Entfernung eines Tagesmarsches von der Küste entfernt liegt unberührt bleibt. Das bewirkt zum einen, dass die Spuren der früheren sommerlichen Rentierjagd sehr gut erhalten bleiben, was bei archäologischen Surveys über mehrere Kampagnen beobachtet werden konnte, zum anderen hat dies eine Veränderung sämtlicher Jagd- und Siedlungsstrategien zur Folge. Das Wissen um die traditionelle Form der Siedlungs-, Jagdtechniken und der Rentiernutzung droht mit dem Tod der Generation der Grönländer verloren zu gehen, die bis in die 50er Jahre das Inland nutzen. Seit 2003 geführte Interviews mit den Jägern, die noch in ihrer Kindheit und frühen Jugend das Landesinnere aufsuchten, sollen dieses Wissen bewahren. Das Forschungsprojekt wurde durch eine Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglicht. Über drei Jahre (2011-2014) wurde die Karibunutzung in einem begrenzten Areal Zentral-Westgrönlands von ihren ersten nachweisbaren Anfängen bis in die Neuzeit untersucht. Neben archäologischen Tätigkeiten wurden Jäger begleitet und befragt.

Hierfür wurden mehrere oft abgelegende Orte an der Küste Westgrönlands gemeinsam mit einem Übersetzer aufgesucht. Interviews, die im Grönländischen Nationalmuseum Nuuk archiviert sind, wurden mit der Begleitung eines Übersetzers angehört. Ein Tagebuch eines Grönländers aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, auf das wir während des Projekts stießen, wurde ebenfalls mit einbezogen. Während der Geländetätigkeit wurden Filmaufnahmen durch eine archäologisch-ethnographische Filmerin und Fotografin geführt und hieraus ein Video auf Englisch und Grönländisch erstellt.


Publikationen:

Pasda, K., 2022. Die Bedeutung der Karibujagd im zentralen Westgrönland. In: Frank Sowa (Hrsg.), Grönland - Kontinuität und Brüche im Leben der Menschen in der Arktis. Budrich Academic Press GmbH, Opladen, Berlin & Totonto, 251-281. doi 10.3224/96665064



Pasda, K., 2019. Traces of hunting religion in central West Greenland. In: George McGlynn und Joris Peters (Hrsg.), Animals: Cultural Identifiers in Ancient Societies? Documenta Archaeobiologiae (Veröffentlichungen der Staatsammlung für Anthropologie und Paläoanatomie MUC), München, Verlag M. Leidorf GmbH, Rahden/Westf. Vol. 15., 261-272. ISBN: 978-3-89646-674-1, ISSN 1611-7484


Pasda, K., Karibunutzung in Westgrönland und archäologische Nachweisbarkeit - Varianten in Vergangenheit und Gegenwart. Beiträge z. Archäozool. u. Prähist. Anthropol. IX, 2013, 191-201, 5 Abb.

Pasda, K., Caribou hunting and utilization in West Greenland: Past and present variants. Anthropozoologica 48(1), 2013, 111-123.



Pasda, K. & Odgaard, U. Nothing is wasted: The ideal “nothing is wasted” and divergence in past and present among caribou hunters in Greenland. Elvesier 2011. Quaternary International 238 (2011), 35-43.

Pasda, K., 2009. Connecting the present with the past: Traditional hunting methods and archaeozoological investigations in central west Greenland. In: Gisela Grupe, George McGlynn, Joris Peters (eds), Tracking Down the Past. Ethnohistory meets archaeozoology. Documenta Archaeobiologiae Vol. 7, Jahrbuch der Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie München; Verlag Marie Leidorf GmbH, Rhaden/Westf., 81-102.


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                   Archäozoologie
                                      Kerstin Pasda